22 Jahre Rollenspiel: Höhepunkte, Hexenmeister, Hvampire


Diese Miszelle ist die Fortsetzung von „22 Jahre Rollenspiel: Der Anfang„.

Die 90er waren nicht nur die allgemeine Hochzeit der „Pen&Paper“-Rollenspiele, sondern auch meine. Was damit zu tun haben könnte, dass ich einen Großteil dieses Jahrzehnte studierend verbracht habe. Aber es kann auch damit zu tun haben, das Rollenspiele aus der Nerd-Ecke raus kamen und in der Freak-Ecke landeten. Für mich waren es zwei Dinge, die ich am meisten mit dieser Zeit verbinde: Skeltem und Vampire.

Am Anfang stand allerdings ein herbe Enttäuschung. Als William Gibson Fan der zweiten Stunde war ich völlig aus dem Häuschen, als ich auf der „Spiel“ in Essen das Cyperpunk-Rollenspiel Shadowrun entdeckte. Leider traf eine Combo aus 1. Edition-Regeln, einem Min/Max Spieler, einem 14jährigen in Tarnhosen und einer nach 5 Sekunden beendeten Geschichte meine Lust an dem Spiel tödlich. Sie hat sich auch nie wieder erholt.

Nach einer sehr guten, aber kurzlebigen Midgard-Runde überredete mich einer der Spieler, doch in eine Rolemaster-Runde einzusteigen, die in den Forgotten Realms spielte. Ich machte mir einen „Sorcerer“ und der Rest ist Geschichte. Sie steht hier. Was nicht in der Miszelle steht ist, dass ich nicht nur was den Spielleiter anging, keine Lust mehr hatte. Die Rolemaster-Regeln selbst sind eigentlich eher dazu angetan, die Buchhaltung eines kleinen Konzerns zu simulieren. Und da das System mit den Grundregeln schon sehr ausführlich und komplex war, ließ sich ICE immer absurdere Regeln, Magieschulen und Charakterklassen (Tarot Mage!) einfallen, um Erweiterungsbücher zu verkaufen. Das und der „Tempel des Elementaren Bösen“ versetzten dem armen Skeltem seinen endgültigen Todesstoß. Und verdammtes Pech beim Würfeln.

Danach spiele ich in einer Runde mit einem guten, aber leider schnell gelangweilten Spielleiter. Durch ihn habe ich wenigstens ein paar Höhepunkte des Rollenspielens kennen gelernt. In EarthDawn z.B. bereiste ich die Welt Barsaive mit meiner elfischen Schwertmeisterin La’El, die davon träumte, eines Tages ihr eigenes Bordell zu betreiben und der ihr Schlachtross teurer war als ihre Gruppe. Im „weird west“ von Deadlands, einem der coolsen Rollenspiele überhaupt, stellte Jericho Blue fest, dass man nicht nur auf den Typ mit mit einem Sechsschüsser vor einem achten muss. Sondern auch darauf, wann der verrückte Wssenschaftler hinter einem murmelt „Mal sehen, was passiert, wenn ich darauf drücke“. Und der Tod nicht das Schlimmste ist, was einem passieren kann. Ich bereiste die Alte Welt und Ravenloft und einmal kurz sogar mit einem Raumschiff die Galaxie. Leider war es wirklich auf die Dauer nervig, alles halbe Jahr das System und den Charakter zu wechseln.

Dann passierte etwas, was mein Rollenspielerleben für immer verändern sollte. Ein Freud und ich waren auf einer Convention in Frankfurt und gaben viel zu viel Geld für bedruckte Pappe in Form von Spielkarten aus. Als ich mich abends erschöpft und pleite auf meine Iso-Matte kuschelte, entdeckt ich eine seltsame Runde von Rollenspielern. Im Gegensatz zu den D&D und DSA Spielern waren sie alle Mitte bis Ende 20 und (*keuch*) trugen keine Nirvana oder Metallica T-Shirts, sondern Bauhaus oder The Cure. Außerdem hatte der Spielleiter eine Kerze auf den Tisch gestellt, deren Effekt in der immer noch hell erleuchteten Turnhalle irgendwie verloren ging.

Ok, die Runde hat mich weniger fasziniert als das hellgrüne Regelbuch auf dem Tisch. „Vampire:the Masquerade“ stand drauf. Natürlich hatte ich schon von Vampire gehört, schließlich war die Erstauflage 1991 erschienen. Aber bislang hatte ich mich davon fern gehalten, denn ich merkte dieses Ziehen und Zerren, das mich schon bei den Sammelkartenspielen fast in den Ruin getrieben hatte. Diese Mischung aus Eskapismus, Gothic-Horror und gutem altem „Cool“ roch 10 Meilen gegen den Wind nach Obsession und dahin geschluderten Hausarbeiten. Leider hatte ich an diesem Abend keine Abwehrkräfte mehr und fragte, ob ich mitspielen könne. Praktischerweise war ein Spieler nicht erschienen und man drückte mir einen Nosferatu aufs Auge. Aus diesem Blutrausch erwachte ich erst gegen Ende des 90er Jahre wieder.

Das Zehen und Zerren ist übrigens nie weggegangen. Es stammte von meinem Handgelenk, das sich entzündet hatte, weil ich jahrelang mit großen Mengen zehnseitiger Würfel hantieren musste.

Wird beendet …