Prokrastination

Prokrastination! Was für ein schönes Wort. Und hört sich soviel besser an als ‚den Arsch nicht hoch bekommen‘. Ehrlich. Wer von euch kennt das nicht, liebe Miszellen Leserinnen und Leser? Man nimmt sich ganz fest vor, diese Arbeit jetzt und sofort zu erledigen. Und dann fällt einem ein, dass es viel besser mit einer Tasse Kaffee (Tee/Kuchen/neuer PC) geht und deswegen denkt man: ‚Zuerst mache ich mit einen Kaffee (Tee/Kuchen/neuer PC), dann kann ich noch viel produktiver sein. Irgendwann ist es kurz vor Feierabend/Abgabeschluss und man stellt fest, dass man den ganzen am neuen PC geschraubt hat, statt einen Satz einer Miszelle zu schreiben. Öh!

Prokrastination finde ich, ehrlich gesagt, auch schöner als „Aufschieberitis“. Wenn ich schon ein Problem habe, soll es sich wenigstens gut anhören. Dass ich ein Problem habe, darüber scheinen sich Psychologen einig zu sein. Und ich weiß das selber. Wenn ich mal wieder nichts gebacken bekomme, fühle ich mich schlecht. Ich weiß, dass gewisse Dinge einfach gemacht werden müssen. Aber wenn ich die Wahl habe, tue ich lieber die interessanten Sachen als die Pflicht. Wenn ich dann das, was ich mir vorgenommen habe, nicht schaffe fühle ich mich ziemlich mies.

Am Freitag wollte ich eine Miszelle schreiben. Ehrlich! Aber dann habe ich lieber geputzt und war so erschöpft von zwei Stunden Hausarbeit (vielleicht waren es auch nur anderthalb), dass ich mich nicht mehr aufraffen konnte. Und wieso auch? Am Samstag Abend wusste ich Lapis weg und dachte, dass ich dann die Miszelle schreiben kann.

Als ich noch studierte, war es noch schlimmer als heute. Ich habe alles auf den letzten Drücker gemacht. Fast drei Semester habe ich kaum etwas getan, weil man die Scheine erst irgendwann machen musste. Und es gab ja immer noch ein nächstes Semester. Dann gab es so viele Gründe (einige real, andere nicht ganz so real), warum ich besser zu Hause blieb, als zur Uni zu gehen. Ich hatte überhaupt keine Prioritäten. Das Studium war damals noch so aufgebaut, dass es den Studenten maximale Freiheit ließ. Natürlich war der Gedanken, dass die Studis sich einen Arbeitsplan machten. Ein Alptraum für Prokrastiker. Ich hatte ungefähr 30 innovative Pläne, wie ich mein Studium organisiere. Pro Semester. Dabei haben wir immer höhnisch und abfällig über die „verschulten“ Studiengänge gesprochen. Ich zog mich immer daran hoch, dass es andere gab, die noch weniger auf die Reihe bekamen. Aber ich fühlte mich immer unwohler.

Samstag Abend kam, Lapis ging weg und setzte mich an den PC und tippte lustlos ein paar Zeilen (immerhin!). Aber eigentlich fand ich es eine Schande, am Samstagabend arbeiten (!) zu müssen. Und überhaupt! Sonntag ist eh so langweilig, dass ich bestimmt Zeit finde, ein paar Zeilen zu schreiben. Fand ich natürlich nicht, aber im Laufe des Tage kam mir der geniale Gedanke, ab jetzt ein festes Schema für die Arbeit einzuführen. Ab 9 Uhr morgens schreibe ich Miszellen, beschloss ich, da beißt die Maus keinen Faden ab. Morgen ändert sich alles! Prokrastination kommt übrigens vom lateinischen pro (für) crast (morgen). Procrastinare heißt aufschieben.

Prokrastiker bekommen natürlich mit, dass sie ein Problem haben. Deswegen machen sie immer Pläne, wie sie ab morgen (!) endlich ihr Leben auf die Reihe bekommen. Sie legen sich Listen an. Besorgen sich das nötige Rüstzeug für eine Tagesplanung, lesen Artikel, kaufen Bücher, studieren das Internet… und nach einer Woche stellen sie fest, dass der Termin, den sie sich für ihr neues Leben gesetzt haben schon lange verstrichen ist. Dann kriegen sie das heulende Elend und der Rest ist eh egal. Ein Teufelskreis.

Heute morgen verschlief ich erst einmal, stellte dann fest, dass ich ja eigentlich ins Arbeitsamt muss, damit ich nicht wie in den letzten Jahren ungefähr alle drei Monate meinen Termin für die „Arbeitssuchend“ Meldung verpasste. Das war natürlich wichtiger als eine Miszelle und so machte ich mich mit einer klitzekleinen Verspätung auf, den Bus zum A-Amt zu erwischen. Ich habe mich natürlich in den falschen Bus gesetzt, das Amt hatte zu und ich war glücklich entkommen. Aber morgen haben sie sicher auch auf.

Wer glaubt, selber ein Problem mit Prokrastination zu haben, kann ja mal diesen Test machen. Außerdem war vor kurzem ein interessanter Artikel zum Thema bei Spiegel Online. Was mich beruhigt hat, war übrigens, dass ich nicht alleine bin. Etwa jeder 5. Mensch soll Probleme damit haben, sein Leben richtig zu organisieren.

Aber ab morgen werde ich regelmäßiger Miszellen schreiben. Versprochen.

Ein Gedanke zu “Prokrastination

  1. Kent

    der schluss ist klasse !
    aber ich kenne das auch. wir hatten im hauptstudium auch keine vorgaben. nur dass man 5 scheine machen musste. in 6 semestern. 3 habe ich gleich im 1 HS-semester gemacht. und dann erst mal ein jahr nix :o)
    ich denke man bekommt das problem am besten über freunde/partner in den griff. es ist alles gewöhnungssache. ich habe das glück, dass meine freundin sehr pflichtbewusst und temperamentvoll ist. und ein gutes gedächtnis hat sie auch. wenn ich was verspreche oder sage, dann fordert sie das auch gnadenlos ein. und mit der zeit gewöhnt man sich daran und machts automatisch. wie gesagt früher hatte ich auchtendenzen, alles unwichtige zu verschieben. heute ists eher so, dass ich versuche, alles möglichst bald „abzuarbeiten“. und freue mich dann darauf, dass ich danach viel freizeit habe. was natürlich nie der fall ist, weil immer noch was dazwischenkommt. ist also auch anders rum ein teufelskreis.

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