Gespielt > Xsyon vs. RIFT

Caveat: Bei dieser Miszelle handelt es sich nicht um Rezensionen. Die kann man z.B. von Rift hier finden. Eine deutsche Rezension von Xsyon gibt es nicht, nur eine Review auf MMORPG.Com.

Im März letzten Jahres stieß ich auf ein MMORPG, das sich las wie der feuchte Traum von Veteranen des Genres: „Xsyon – Earth 2012“. Die Feature-Liste legte nah, dass es sich eventuell um den Heiligen Gral der MMOs handeln könnte: Ultima Online in modernem Gewand!

Und dementsprechend „old school“ ist es auch. Es gibt keine Klassen und Rassen, sondern nur Menschen, die mit einer Reihe Attributen und Fertigkeiten ausgestattet sind. Diese steigen bei der Benutzung und fallen, wenn man sie vernachlässigt. Dazu gibt es aber auch Stufen, die man durch erfolgreiche Anwendung der Fertigkeiten erklimmt und die einem Bonuspunkte geben.

In dem neuen „Next Gen“ MMORPG RIFT geht es da schon herkömmlicher zu. Man hat das seit Everquest bekannte Rassen/Klassen Schema und bis zu 50 Stufen. Mit jedem Stufenanstieg verbessert sich der Charakter und man bekommt Punkte, die man in seine „Seelen“ stecken kann, was fast wie die Talentbäume bei „World of Warcraft“ ist, nur ganz anders. RIFT ist ein „Theme Park“ Spiel, man questet sich als durch die Level bis zum Endgame, wobei man am Nasenring über die, nicht zu große, Spielwelt geführt wird.

Xsyon dagegen nimmt für sich in Anspruch, eine „Sandbox“ zu sein, also ein Sandkasten, in den der Entwickler Förmchen und Schaufeln packt und die Spieler sollen ihre Phantasie mal selber spielen lassen. Das geht soweit dass es keine NPC gibt und an Mobs sind derzeit ca. 10 verschiedene Tierarten im Spiel. „Questen“ können die Spieler selber erstellen, indem sie die Totempfähle ihrer Stämme zu Pinwänden umfunktionieren, wo sie Anzeigen aufgeben wie „Suche Nägel. Biete altes Sägeblatt“. Ach ja, Xsyon spielt im Jahr 2012 nach einer generischen Katastrophe, die die Zivilisation zerstört hat und als deren Überlebende die Spieler versuchen müssen, eine neue Gesellschaft zu gründen.

In RIFT sind die Spieler dagegen wieder mal die Auserwählten (alle ca. 100.000), die sich gegen den Weltuntergang und den Oberbösewicht Regulus stellen müssen. Die Katastrophe, die Xsyon heimgesucht hat, findet in RIFT gerade statt. Die Elementarebenen greifen nach der Welt und irgendwie bilden sich die namensgebenden Risse, die einfach schön anzuschauen sind. Wenn die Spieler nicht questen, schließen sie Risse im Gefüge des Universums. Oder schlagen sich gegenseitig die Köpfe ein. Oder erforschen Verließe. Oder bauen Zeug.

Am Lake Tahoe ist das Leben dagegen betulich und was man machen kann, ist recht überschaubar. Angeln zum Beispiel. Bäume fällen. Oder die großen Müllkippen durchwühlen nach dringend benötigten Materialien, um die Zivilisation neu aufbauen zu können. Böse Zungen würden behaupten, dass es eigentlich noch kein wirkliches Spiel gibt. Und sie hätten halb Recht. Nach meinem Entdeckerdrang im letzten Jahr habe ich eigentlich schon alles gemacht, was man in Xsyon machen kann. Und wenn man sich ran hält, schafft man das auch in zwei Wochen. Eigentlich ist das Spiel darauf ausgelegt, dass man mit anderen Menschen Gemeinschaften bildet, Stämme, die Städte und Handelsposten bilden. Andere Stämme bekämpfen oder Allianzen bilden. Das Spiel ist eigentlich als PvP-Spiel im Sinne von EVE Online gedacht, wo man überall gegen andere Spieler kämpfen kann. Das Problem ist: welche Spieler? Hier ist der größte Denkfehler der Entwickler offensichtlich. Das Spiel funktioniert nur, wenn es genug Spieler gibt. Ohne Spieler kein Content, denn ganz bewusst wurde es so angelegt, dass man als Einzelkämpfer kaum etwas machen kann. Nur: wenn keiner einloggt, haben diejenigen, die tatsächlich noch Xsyon spielen wollen keinen Anreiz ihrerseits ins Spiel zu kommen und das Ergebnis ist, dass wenn ich mich noch mal durch die elend lange Anmeldeprozedur quäle, keine Seele online ist.

RIFT hat nach dem ersten Monat erwartungsgemäß Spieler verloren Ehrlich gesagt, erschreckend viele Spieler. Trotzdem kann ich immer noch etwas machen, weil das Spiel in „WoW“-Manier auch alleine „durchspielbar“ ist. Zuerst hat mich das genervt, weil eigentlich kaum jemand Gruppen gebildet hat und mein Interesse an MMOs der soziale Aspekt ist, denn sonst könne ich Single-Player spielen, das ist auch billiger. Trotzdem logge ich mich immer noch ein und habe Spaß. Die Riftereignisse halten die Welt dynamisch, auch wenn es jetzt oft so ist, dass die NPC-Invasionen dünn bespielte Zonen für eine Weile lahmlegen können. Was an und für sich auch ein interessantes Feature ist. Außerdem macht es außerordentlich Spaß, mit den verschiedenen „Seelen“ herum zu spielen, ohne dass man jedes Mal einen neuen Charakter anfangen muss.

Die Welt von Xsyon ist dagegen … öde. Was seltsam ist. Es gibt Tag- und Nachtwechsel. Jahreszeiten. Im Winter fällt tatsächlich Schnee und wenn er länger fällt, bildet er wirklich Wehen. Tiere verhalten sich im Winter anders als im Sommer, es gibt andere Ressourcen. Man kann das Land terraformen, wenn man Bäume fällt sind sie weg und man kann so ganze Landstriche veröden. In Xsyon nimmt der Spieler bleibenden Einfluss auf seine Spielwelt. Trotzdem wirkt alles leer und tot. Das könne vielleicht daran liegen, dass es kaum Tiere gibt, kaum Spieler und keine NPCs, die einem wenigstens ein wenig Leben vorgaukeln. Es ist wahrhaft ein apokalyptisches Szenario.

Vergleiche ich hier Äpfel und Zucchini? Zum Teil. Xsyon und RIFT wollen jeweils eine Art von Spielen repräsentieren. Nur, dem einen gelingt es, der andere scheitert. Bei allen Ambitionen und tatsächlich eingebauten tollen Features bleibt Xsyon steril und, wenn man es auf den Punkt bringt, langweilig. Und da habe ich noch nicht von den technischen Problemen und der angestaubten Grafik gesprochen. RIFT dagegen will einfach unterhalten und hat ein paar gute und gut gemachte Ergänzungen zum WoW-Clone Einheitsbrei, die wirklich Spaß machen. Und da habe ich noch nicht mal von den Rätseln und Entdeckungen geschrieben. Mission accomplished.

Eigentlich hatte ich mich auf diese Miszelle gefreut. Jetzt lässt sie mich etwas traurig zurück, denn ich wollte Xsyon so gerne mögen. Auf der anderen Seite: Rift hatte ich vielleicht drei Wochen meines Interesses vorausgesagt.

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