Die Zwetschgenkrise

Lapis hätte vielleicht bemerken sollen, wie ihre Arbeitskollegen in Deckung gingen als M. auftauchte. Aber sie war gerade wieder aus dem Urlaub zurück, hatte M. noch nicht getroffen und wollte nett sein zur neuen Kollegin.
Sie redeten über dies und das und den Arbeitsplatz und Lapis wünschte M. alles Gute. Bevor sie zur ihrer eigenen Arbeit ging, fragte M. sie unschuldig: „Ach ja, wir haben dieses Jahr so viele Pflaumen. Möchten Sie ein paar haben?“ Lapis stimmte erfreut zu. Mächtig großer Fehler.
Schon zwei Tage später kam sie schwer beladen von der Arbeit nach Hause. Ich (!) hatte ihr Fluchen bereits gehört, als sie in die Straße eingebogen war. Zuerst erkannte ich sie nicht hinter dem großen Sack, an dem sie sich abschleppte. „Ich habe ein paar, ächz, Pflaumen mitgebracht, Schatz.“ Das war eine leichte Untertreibung. Ich war sicher, dass sie die Pflaumenernte eines kleines Landes – sagen wir: Luxemburg – in einer Minus-Tüte angeschleppt hatte.
Da ich Pflaumen nicht abgeneigt bin, reagierte ich zunächst höchst erfreut. Wir buken, ok: sie buk, noch am gleichen Abend einen leckeren Pflaumenkuchen mit Streuseln. Als Kind liebte ich den Herbst, weil meine Oma immer Zwetschgenkuchen, sie nannte ihn „Quetschekuche“, gebacken hat. Nach dem Backen sahen wir in der Erwartung eines signifikanten Pflaumenschwundes in die Tüte. Der Pegel der blauen Flut stand aber immer noch auf Hochwasser.
Also aßen wir zum Frühstück am nächsten Morgen erst mal ein paar Pflaumen. Auch wegen der Verdauung, ne? Mjam. Ich kochte einen Pflaumenkompott, den es zum Nachtisch gab. Mit ein paar frischen Pflaumen hinterher, weil’s besser ist. Abends dann wieder Pflaumenkuchen mit Pflaumenkompott drüber. Lapis machte etwa die Hälfte der verbliebenen Pflaumen ein, so dass wir auf Jahre nie wieder an einem Mangel an Pflaumenmus leiden werden. Zum Mittagessen hatten wir Am Tag darauf Palatschinken mit Pflaumenmus, Pflaumenkompott und einer Garnitur aus frischen Pflaumen. Ich legte ein Blech Pflaumen in den Backofen und dörrte sie. Sah in die Tüte. Machte noch ein Blech Backpflaumen. Sah in die Tüte. Weinte ein wenig.
Inzwischen meiden uns unsere Nachbarn. Die Verkäuferinnen und Verkäufer bei denen wir sonst einkaufen übersehen uns und unsere Katzen hassen uns. Und das nur, weil wir versuchen etwas von dem blauen Segen weiterzugeben. Ihr hättet mal sehen sollen, wie angewidert Katzen gucken können, wenn man ihnen 1A Pflaumenmus in die Schale löffelt.
Aber unsere Chance kommt. Nächste Woche ist „Coburg macht Blau“! Da werden wir uns an die Straße stellen und die Leute mit Pflaumen bewerfen.
Ach ja, wenn einer von euch ein paar Zwetschgen, Pflaumen oder wie immer ihr das blaue Zeug nennt („Tribbles?“) haben wollt, meldet euch. Bitte!

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