Frauenabend

Dass das Patriarchat, zumindest im Nord-Westen der Welt, am Ende ist und es nur noch um das „Wann“ statt um den Fakt an sich geht, dürfte sich herumgesprochen haben. Das der Fall der männlichen Vorherrschaft auf einem „Frauenabend“ vorbereitet wurde, war kam mir allerdings erst Donnserstag in den Sinn, als Lapis Besuch hatte.

Frauenabend, Damenkränzchen, egal, wie man die unkonspirativen Treffen einer Gruppe von Frauen nennt, sie sind die Keimzelle des neuen Geschlechterverhältnisses und wenn wir Männer Glück haben, läuft es auf Gleichberechtigung hinaus. Gerade ihre scheinbare Harmlosigkeit macht diese Treffen für die männliche Dominanz so gefährlich. Ich behaupte: die Frauen hier in Europa beherrschen die Männer schon jetzt. Sie waren nur noch nicht so unhöflich, uns ausdrücklich darauf hinzuweisen.

Frauen wurden seit Jahrtausenden von den Männern unterdrückt, misshandelt, ausgegrenzt, untergebuttert und sonstwie schlecht behandelt. Es ist völlig natürlich, dass sich in dieser langen Zeit Formen des Widerstandes gebildet haben, die uns Männern nicht sofort ins Auge fallen. Zum Beispiel das Reden. Frauen reden gerne viel und schnell. Vor allem viel. Vor allem über Dinge, die Männer nicht interessieren. Und das schnell. Wie viele Auseinandersetzungen haben sie schon einfach dadurch gewonnen, dass sie uns Männer schlicht totgequatscht haben? Wie oft zweifelten wir an uns, weil wir unseren weiblichen Gegenübern einfach nicht folgen konnten? Selbst als ich noch hören konnte, habe ich nicht die Hälfte von dem verstanden, was Lapis mir erzählt hat, wenn sie in Fahrt war. Oft war es auch so, dass ich bei Sätzen, die mit „Meine Schwester Korund hat gesagt …..“ spätesten nach Korunds Erwähnung abschaltete. Oder wenn sie mit ihrer Mutter telefoniert und so richtig in Fahrt ist. Keine Chance, da mitzukommen. Ich glaube ja auch, dass das Sprichwort „Hinter jeden großen Mann steht eine starke Frau“ falsch widergegeben wurde. Meiner Meinung nach steht sie VOR ihm und redet auf ihn ein. „Und dass du nicht wieder mit deinen Kumpels saufen gehst, Robert, bis diese Tuberkel-Sache erledigt ist!“

Im Laufe der Jahrhunderte sind wir Männer doch so darauf gedrillt, gar nicht erst zu versuchen, die Frauen zu verstehen, dass Lapis mir morgen sagen könnte „Korund hat gesagt, dass Montag um 12 die Frauen endgültig die Macht in sich reißen und wir euch Männer zu unseren Sklaven machen“ und ich würde brav „Ja, Schatz“ sagen.

Als nächstes haben die Frauen diese Treffen organisiert. Als Männer ihrer Macht noch unsicher waren und die Frauen misstrauisch beäugten, was für eine Teufelei sie jetzt schon wieder aushecken („Will sie, dass ich mich wasche?“), etablierten sie ein weit gehendes Verbot, dass Frauen am öffentlichen Leben teilnehmen. Während Männer in Kneipen, Teehäusern und ähnlichen Orten ihre Gemächte miteinander verglichen, völlig blödsinnige Wettbewerbe ausfochten und sich der allgemeinen und besonderen Blutvergießen hingaben, trafen sich die Frauen mit anderen Frauen. Und kein Mann weiß, was sie miteinander bereden! Am Donnerstag hatte Lapis Besuch von Freundinnen. Ich glaube, das war das vierte Mal, dass sie hier einen „Frauenabend“ veranstaltet hat. Jedes Mal nehme ich mir vor, wenigstens teilweise mitzubekommen, was die Frauen so besprechen. Unmöglich. Und wenn ich Lapis frage, grinst sie nur wissend. Meistens mache ich nach einer halben Stunde den Prozessor aus, weil dieser dumpfe Druck hinter den Augen zu stark wird. Ich kann mir vorstellen wie sich die Suffragetten am Ende des 19. Jahrhunderts zum Tee trafen und zwischen Gesprächen über die neueste Hutmode und über die Internate ihrer Kinder beschlossen, das Wahlrecht zu erkämpfen.

Und dann ist da der Sex. Die schlimmsten Verfolgungen der Frau erfolgten von Männern und Institutionen, die den Frauen einen geradezu dämonischen Trieb zuschrieben, mit dem sie uns Männer ansteckten und versklavten. Lachhaft. Seien wir doch mal ehrlich, liebe männlichen Miszellen-Leser. Worum geht es denn bei unseren „Herrenabenden“? Sex, Frauen, Alkohol! Je mehr Alkohol, desto mehr geht es um Frauen und Sex. Wir sind abhängig von ihnen. Welchem an Testosteron und Alkohol berauschten Mann käme es in den Sinn irgend etwas sinnvolles zu tun, wie zum Beispiel das Rad zu erfinden? Eben. Der Trieb ist in uns und wir haben Panik, dass die Frauen mal keine Lust mehr haben könnten. Wir brauchen die Frauen. Wir brauchen den Sex. Aber wir haben die Frauen jetzt schon so lange an unsere Abwesenheit gewöhnt, wenn wir im Krieg oder im Büro sind oder irgendwelche kindischen großen Taten vollbringen, dass ich mir nicht mehr sicher bin, dass sie uns noch brauchen.

Ich habe Lapis dann gefragt, ob bei den Frauenabenden auch über Männer geredet wird. Da hat sie wieder auf diese komische Art gelächelt und nichts gesagt!

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