Eine Integrationsdebatte


Er. Ich kann das nicht!

Sie: Wir haben doch schon stundenlang darüber geredet. Wir müssen uns besser integrieren.

Er (weinerlich): Wieso?

Sie (genervt): Komm schon. Denk doch einfach mal an die Kinder. Die sollen schließlich auch eine Chance haben, hier.

Er: Die geben unseren Kindern doch keine Chance. Was hat die Lehrerin letztens über unseren Ältesten gesagt?

Sie: Ich hab’s, ehrlich gesagt, nicht so ganz verstanden ….

Er: Kein Wunder bei dem Scheiß, den die hier Sprache nennen. Mit ihren „Äää“ und „Ööö“. Oft kann ich mich nicht entscheiden, ob die mir jetzt ’nen Guten Tag wünschen oder mich beleidigen. Und dann immer das blöde Grinsen….

Sie (ungerührt): … aber es war was von „anerzogener Renitenz“ und „Anpassungsunfähigkeit“ und dann wollte sie wissen, was du von Beruf bist.

Er: Und als du „Hochschullehrer“ sagtest ….

Sie: … hat sie nur komisch geguckt. So über ihre Brille. Und was in ihrer Sprache gesagt, das ich nicht verstanden habe.

Er: Wir hätten nie herkommen sollen.

Sie: Ach ja? Und was hätten wir zu Hause gemacht? Vom Staat gelebt oder den Hof deiner Eltern bewirtschaftet? Mit deinem Rücken?

Er: Ist halt ein agrarisches Land.

Sie: Hier habe ich auch einen Job, die Kinder sind in einer guten Schule …

Er: Wo sie von den anderen Kindern geschnitten werden. Wegen ihrer Herkunft. Ich mach den Kindern keinen Vorwurf. Aber die Eltern. Die erzählen ihnen sicher wer-weiß-was über uns.

Sie: Deswegen sind wir hier. Wir müssen uns einfach ein wenig anpassen. Der fremden Kultur öffnen.

Er: Das ist keine Kultur! Das ist …. Hottentottenland!

Sie (zischt): Pscht!

Er: Die saufen Alkohol, als würden sie dafür bezahlt. Und dann gröhlen sie in dieser ekligen „Sprache“ Lieder, in denen es ums Saufen geht. Das Essen ist ungenießbar. Und dann fi…

Sie: NA!

Er: …. findet überall Unzucht statt. Keine Religion diese Menschen.

Sie: Zu Hause hast du es nie mit der Religion gehabt. Immer, wenn ich dich gefragt habe, ob du mitkommst zum Gottesdienst, hast du abgewunken. „Die größte Leistung unserer Kultur ist die Befreiung von der Vormundschaft der Glaubens.“ dozierst du doch immer.

Er: Stimmt ja auch. Aber in der Gemeinde sind wir halt unter uns. Da ist keiner der Hiesigen. Da sprechen wir die gleiche Sprache. Sind zwar auch Leute von woanders da, aber die Religion verbindet uns auch kulturell.

Sie: Tolle Parallelgesellschaft.

Er (verkniffen): Jetzt redest du wie die Rechten.

Sie (sauer): Jetzt höre mir mal zu. Ich kann deine Greinerei echt nicht mehr hören. Und heute WILL ich sie auch nicht hören. Ich dachte, wir könnten ein Mal Spaß haben. Zu Hause hast du rum gesessen, auf unser Land geschimpft und erzählt, wie viel besser sie es hier machen. Zukunft, Wirtschaft, Medien, Bildung, alles besser. Und seit wir hier sind jammerst du in einem fort. Ich weiß, dass du dich einsam fühlst. Und dass das nicht besser wird, weil du deine Kollegen kaum verstehen kannst.

Ja, mein Gott, dann lerne doch endlich die Sprache. So schwierig ist das doch nicht. Und wenn du nur soviel lernst, dass sie sehen, dass du dich anpassen willst. Du musst ja nicht gleich anfangen, ihre Plörre zu trinken. Aber wir sind hier die Fremden und die sind hier zu Hause. Du hast die Möglichkeit bekommen, hier zu arbeiten.

Und es schadet uns sicher nicht, wenn wir über unseren Tellerrand gucken, kulturell gesehen. Wir müssen ja nicht gleich werden wie die und unsere ganze Erziehung vergessen.

Er: Und was ist, wenn unsere Kinder hier so werden wie die? Willst du, dass dein Sohn sich vollaufen lässt bis zum Koma und ständig mit anderen Mädchen …

Sie: Als ob sie das bei uns nicht auch machen würden. Und ich hoffe, du vergisst nicht, dass WIR die Eltern unserer Kinder sind und sie auch erziehen müssen. Mit unseren Werten.

So, mein Schatz. Jetzt gehst du mit mir dort rein und bist nett zu den Leuten. Sieh es als eine Feldforschung. Eine teilnehmende Beobachtung. Fremde Sitten und Gebräuche kennenlernen.

Er (kläglich): Ja, Schatz.

Sie (aufmunternd): Komm, wir stellen uns einfach vor, wir wären auf dem Schützenfest in Hannover. Los Tiger, zeig denen, was ne Lütje Lage ist!

Er: Miau?

Sie öffnen die große Tür. Sofort wird es sehr laut. Über dem Lärm hört man:

„ … en Köö – lle – denn do jehööt hä hin. Wat sull di ….“

Ferien III: Skeltem, korrumpiert


Als ich in Antalya aus dem Flughafen trat, traf mich die Hitze wie eine weiche Matratze. Ich hatte eine Betonwand erwartet und war ein klein wenig enttäuscht. Zumal ich nicht, wie ebenfalls erwartet, umfiel und meinen Koffer selbst zum Auto des Hotels ziehen musste. Doof.

Im Hotel traf mich dann aber doch ein Schlag. Nacktes Fleisch! Braunes nacktes Fleisch! Viel braunes, nacktes Fleisch. Ich wurde mit der Erkenntnis konfrontiert, dass Bikinimodels besseres zu tun haben, als in einem All-Inclusive Hotel an der Türkischen Riviera am Pool zu liegen und sich lasziv zu räkeln. Irgendwo mit einer Stange Sellerie und einem Diät-Wasser verhungern, nehme ich an.

Statt dessen wurde ich mit einer wichtigen Erkenntnis über die Conditio Humana konfrontiert: Bier formt keine wunderbaren Körper! Und ihn will auch keiner sehen. Wirklich nicht. Ich tat auf der Stelle folgenden Schwur: „Wenn ich hier mit freiem Oberkörper und in Badehose herumlaufe, soll mich sofort dieser oder jener niederstrecken!“

Im Folgenden erkundete ich missmutig das Hotelgelände und befand am ersten Tag: Alles Scheiße! Das Hotel war zwar nicht so groß, wie befürchtet, so voll wie befürchtet, so laut (Ha!) wie befürchtet und vollkommen frei von randalierenden Russen und ihren Oben-Ohne Frauen (wie … befürchtet), aber trotzdem befand ich, dass das einfach nicht mein Fall und meine Art von Urlaub ist. Und sicher rennen nachher die Animateure im Restaurant rum, um Opfer für ihre debilen Pool-Spiele zu suchen. Und das Essen ist sicher Mist.

Am ersten Abend erwischte es mich dann auch knüppelhart: Türkischer Abend! Gala-Veranstaltung! No way! Allerdings amüsierte mich der Gedanke an einen „türkischen Abend“ in der Türkei. Was sind denn die anderen Abende? Belgisch? Die Veranstaltung war … überkandidelt. Außerdem erlitt ich das Schlimmste, was man einem Ethnologen antun kann: Folklore. D. kicherte beim Auftritt der Tanzgruppe und ihren „authentisch türkischen Tänzen“ auch die ganze Zeit vor sich hin. Bauchtanz!

Also das war dann schon mal gelaufen. Tut mir leid, Lapis, D. und M.. Amüsiert euch am Strand, ich habe besseres zu tun. Meine Mutter besuchen, zum Beispiel.

Es stellte sich heraus, dass das nicht so einfach war, wie gedacht. Gündoğdu liegt am entgegengesetzten Ende von Side, vom Wohnort meiner Mutter aus gesehen. Und wenn man dann tatsächlich in Yesilköy war, durfte man noch einmal eine halbe Stunde durch die Hitze laufen zur Wohnung meiner Mutter. Andere Umstände ließen die Fahrt nach Yesilköy zu einer Ochsentour werden, und so besuchte ich Mama nicht so oft wie geplant.

Also, was tun? Aus gesundheitliche Gründen kann ich nicht baden. Also saß ich in den ersten Tagen mit einem Buch am Pool, lief regelmäßig dem Schatten hinterher, guckte verkniffen und trank viel. So ähnlich verliefen alle meine Tage im Hotel. Nur zunehmend unverkrampfter und am Ende meinte ich so etwas wie Entspannung zu spüren. Ich hätte das Gefühl gerne etwas tiefer erforscht.

Abends spielten wir meist, wie fast alle Gäste, an einem Tisch im Pool-Bereich Karten und genossen die kühlere Luft. Manchmal gab es auch Animations-Gedöns, wie eine Modenschau, aber das Team hielt sich wirklich zurück und ich musste nicht einmal Blitze der Missbilligung auf sie nieder regnen lassen. Ich war ein wenig enttäuscht.

Das Essen, stellte sich heraus, war wirklich gut, wenn man sich an die frisch zubereiteten Sachen hielt. Und an das türkische Essen. Die Kellner und eigentlich das ganze Personal war sehr freundlich und zuvorkommend und ich ertappte mich dabei, wie die Sache begann, mir Spaß zu machen. Nach einem besonders stressigen Ausflug nach Yesilköy freute ich mich sogar auf einen ruhigen Tag im Hotel! Was war mit mir los?

Ich begann, die sechs Mahlzeiten am Tag zu genießen und bekam Hunger, wenn ich länger als ein paar Stunden nicht wenigstens einen Snack hatte. Bei einer der Abendveranstaltungen ertappte ich mich dabei, wie ich mit den Fingern schnippte. War ich im Begriff über zu schnappen? Oder korrumpierte mich das süße Leben?

Drei Tage vor der Abreise war es mir dann egal. Es war heiß und bis auf das Personal waren alle um mich herum in Badeklamotten, also luftig und … kühl? … „gekleidet“. Der englische Kolonialoffizier in mir tat das einzig ehrenhafte: er erschoss sich. Ich gab auf. Vorsichtig zog ich mein T-Shirt aus und wartete. Nein, kein Blitzstrahl vom Himmel. Die Erde tat sich nicht auf und die anderen Gäste johlten und lachten nicht. Ich war einer unter vielen Halbnackten, nur dünner und sehr viel blasser.

Und es fühlte sich gut an.

Ferien II: Fast Alles Inklusive


Unser Hotel in Gündoğdu (günn-doh-du) war wie alle anderen Hotels im Großraum Side den Touristen eine feste Burg. Wenn man nicht wollte, musste man die Anlage während des ganzen Urlaubes nicht verlassen. Und wenn man Türkische Lira statt Euro ausgeben wollte, musste man das Dolmuş nach Manavgat nehmen und einen Händler finden, der Lira nahm.

Lindita-PoolEs gab einen (ganz schönen, wenn man Sand mag) Strand, Poolbereich, einige Bars, zwei Restaurants, „Wellness“, Sport, Bespaßung durch eine gottseidank recht dezente Animation und soviel Essen und Trinken, wie man wollte und konnte. Es war alles im Preis inbegriffen.

Jetzt bin ich niemand, der auf so eine Art Urlaub abfährt, wie man auch im nächsten Abschnitt nachlesen kann. Und weil ich aus der Computerspiel-Ecke die „Alles umsonst (wenn du mit einer Stunde Spielzeit zufrieden bist, sonst kostet dich der Spaß deinen Erstgeborenen)“-Masche kenne, war ich etwas misstrauisch und fragte mich, wo denn der Haken sei..

Es gab keinen. Eigentlich.  Man musste für einen angenehmen Urlaub nicht hunderte Euro mehr zahlen, weil es ansonsten nur Wasser, Brot und eine kaputte Holzliege in der Nähe des Strandklos gab. Das Essen war vollständig umsonst, reichlich, in großer Auswahl und auch größtenteils lecker. Bei den Getränken gab es Einschränkungen in der Auswahl: keine gratis Cuba Libre, aber Raki, Vodka und Weinbrand („Hausmarke“ :() so viel man wollte und konnte (bis 23 Uhr).Ak Deniz

Allerdings wurde man auf Schritt und Tritt ermutigt, sich doch das „kleine Exra“ zu leisten. Zum Beispiel bekamen wir bei der Anreise jeder 20 Minuten Massage im Wellness-Bereich „geschenkt“. Die war OK. Bin schon besser massiert worden, aber die Dame war Balinesin und ich konnte meine (kaum vorhandene) Bahasa Indonesia ausprobieren*. Nach der Massage stand plötzlich ein Türke mit Ringer-Figur neben der Liege und fragte mich freundlich aber etwas lauernd, ob ich denn die Massage genossen hätte. Ich lag halbnackt und taub auf der Liege und war leicht beunruhigt ob der massiven physischen Präsenz.

Nachdem ich meinen Hörprozessor mit flatternden Fingern wieder hinter das Ohr geklemmt hatte, stellte sich heraus, dass er mir weitere Massagen und Wellness-Zeug verkaufen wollte. Ich zog mich schnell an und murmelte, Feigling der ich bin, dass ich das erst mit meiner Frau besprechen muss und – oh, so spät ist es schon, das dritte Frühstück wartet – raus war ich.

Lapis und die Anderen haben für jeweils 100 Euro zugeschlagen. Was mich etwas sauer macht ist, dass der Ringer auch bei meiner Frau und D. plötzlich neben der Liege stand und sie halbnackt (er übrigens auch) bequatschte. Talk about: „Angebote, die man nicht ablehnen kann“.Ich vor obligatorischem Wasserfall

Dann gab es natürlich die obligatorischen Ausflüge in die Umgebung, die man „nicht verpassen durfte“.  Ich bin ganz dafür, das Land zu erkunden und Kontakt mit den Menschen aufzunehmen. Leider sind die geführten Touren oft nur eine Kaffeefahrt mit Ansicht eines Naturzoos und der Möglichkeit, günstig Tinnef zu kaufen. So einen haben wir auf unserer Hochzeitsreise gemacht und leider auch diesmal. Ich denke, so holen sie sich viel von der Food-Flatrate zurück.

Das einzige, was wirklich eine üble Abzocke war und an Betrug grenzt waren die Postkarten. Es war ein Briefkasten vorhanden, Karten bekam man in einem Hotel eigenen Laden, aber keine Briefmarken. Dafür Stempel, die das doppelte des Briefmarkenpreises kosteten, bzw. den Lirabetrag in Euro. Unsere Karten sind bis heute nicht angekommen und ich vermute, einfach weggeworfen worden.

Lindita-kitschig

Das All-Inclusive hat bei mir eher Unwillen und ein schlechtes Gewissen hervorgerufen als wohlige Entspannung. Zum Beispiel verführt die Möglichkeit, alles was man sieht in sich hineinstopfen zu können dazu, sich die Teller voll und voller zu stapeln und am Ende vielleicht nur ein paar Happen von jeder Mahlzeit zu essen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Nahrungsmittel in Side jeden Tag weggeworfen werden. Ich frage mich: Wohin geht der Müll der 10.000 Urlauber? Woher kommt das Trinkwasser? Woher die Nahrungsmittel?

Ich interessiere mich mehr dafür, wie die Angestellten ihre 10-12 Stunden Schichten abreißen, was sie verdienen und wie sich das auf die lokale Ökonomie auswirkt als für die Eistorte beim „Türkischen Abend“.

Nee, kein Badeurlaub „all inclusive“ mehr. Das ist mir viel zu anstrengend. Warum am Ende doch alles gut war, schreibe ich im letzten Teil meiner Ferien-Miszellen „Skeltem, korrumpiert“.

Ich HABE Spass :(

*Ich versagte kläglich 😦

Was ich (schon wieder) in den Ferien gemacht habe I


Liebes Tagebuch!

In diesem Jahr waren wir in den Ferien wieder in der Türkei. Genau wie vor zwei Jahren. Aber damals waren wir ja nur in Istanbul und nur eine Woche. Diesmal sind wir auch nach Istanbul geflogen und dann nach Antalya. In der Nähe von Antalya, in Yesilköy (‚köy‘ habe ich gelernt, heißt übrigens ‚Dorf‘ in richtig) lebt meine Mama Rosina. Und weil ich jetzt auch schon bald 42 Jahre alt bin, schreibe ich ab sofort in richtigem Hochdeutsch.

 

Istanbul: Der Kopftuch-Konsens

Die Kopfbedeckung muslimischer Frauen, die mir in Istanbul begegneten kamen in 3 (oder 4) Geschmacksrichtungen entgegen: Das locker über die Haare geworfene Kopftuch Marke „Anatolische Hausfrau“, das auch unsere niederreinische Nachbarin in 70ern noch trug, als sie mich auf Platt ausschimpfte. Der „Türban“, also ein Tuch, welches die Haare komplett verbirgt und der Vollschleier, der regional unterschiedlich Hidschab, Çarşaf, Tschador oder Parda genannt wird. Als letzte Variante liefen ca. 70% aller Türkinnen gänzlich unverschleiert durch die Stadt.

Was mir auffiel war, dass im Gegensatz zu meinem letzten Besuch die Zahl der Trägerinnen der lockeren Variante abgenommen hatte, dafür viele, vor allem junge Frauen, jetzt den „Türban“ tragen. Die Zahl der Vollverschleierten hat meiner Meinung nach nicht zugenommen und die, die ich sah waren Touristinnen aus der arabischen Welt.

Meine Einschätzung ist, dass die jungen Frauen mittlerweile selbstbewusster zu ihrer Religion stehen. Zur Erinnerung: die Türkei ist zwar ein islamisches Land aber seit der Gründung der Republik besteht ein rigoroser Laizimus, der sich in der Verbannung religiöser Symbole aus dem öffentlichen Leben ausdrückt. Erst in den vergangenen Jahren, vor allem durch die Regierung Erdoĝan, wurden die strengen Gesetze zur Trennung von Staat und Islam gelockert.

In der Türkei und in anderen islamischen aber weltlich-autoritär regierten Ländern gelten das Kopftuch und andere Symbole des Glaubens als Zeichen des Widerstands gegen die Unterdrückung. Wahrscheinlich bald auch in Europa.

 

Istanbul: Europa, here we come

Stimmungen sind schwer zu beschreiben. Zumindest für so einen Hobby-Schreiberling wie mich. Wenn ich an Istanbul zurück denke, ist meine erste Assoziation “Aufbruch“. Wohin, kann ich schwerlich sagen. Aber nach allem, was man so liest, ist die Türkei schwer im Kommen. Wirtschaftlich, politisch und kulturell. Dabei kam mir die Stadt noch mehr wie eine europäische Metropole vor als beim letzten Besuch vor zwei Jahren. Vielleicht hatte es mit dem „Europäische Kulturhauptstadt“-Status zu tun oder mit dem Referendum, mit dem das Land endgültig das Erbe der Militärdiktatur abschütteln wird.

Auf jeden Fall geht es rund am Bosporus. Die EU wäre meiner Meinung nach gut beraten, die Beitrittsverhandlungen zügig und positiv voran zu treiben, denn sonst könnte es sein, dass wir von der Verlagerung der Machtzentren in Richtung Osten abgehängt werden.

 

Istanbul/Side: Arbeit ist 80% des Lebens, der Rest ist Schweigen

In unserem Hotel in Side waren die Servicekräfte und auch der Rest des Personals durch die Bank freundlich und zuvorkommend. Am ersten Tag wurde uns von einer netten jungen Frau Begrüßungsgetränke serviert. Das war etwa um 12 Uhr mittags. Am Abend saßen wir noch etwas in der Lobby und testeten das „All Inclusive“-Angebot aus (siehe nächster Teil). Es bediente uns – die gleiche Frau. Mittlerweile war es ca. 22 Uhr.

Das fiel mir auf und ich sprach meine Freundin D. darauf an. D. ist Türkin. Lapis sind diesmal mit ihr und ihrem, deutschen, Ehemann M. verreist. D. hat häufig gedolmetscht und ich verstehe sie fast so gut wie Lapis.

D. erzählte, dass die Mitarbeiter in den Touristenhotels häufig Schichten von 10 – 12 Stunden haben. Die Entlohnung ist mager, aber trotzdem zieht die Tourismus-Industrie viele junge Türken aus den umliegenden Regionen nach Side, weil es dort Arbeit gibt, im Gegensatz zu ihren Heimatdörfern. Trotzdem: Ich kam mir so ausbeutend vor 😦